Politik
"Jedes Mittel recht" – Sobotka rastet auf Instagram aus
Die Causa Schmid lässt es in der ÖVP rumoren. Neben dem schwer belasteten Sebastian Kurz schlägt nun aber auch Wolfgang Sobotka zurück.
In der Chat-Affäre geht es seit Dienstag Schlag auf Schlag! Wie "Heute" berichtete, hat Werner Suppan, der Anwalt von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz, nun bekanntgegeben, der Staatsanwaltschaft eine geheime Tonband-Aufnahme übermittelt zu haben, welche die Aussagen von Thomas Schmid "widerlegen" sollen. "Diese Tonbandaufzeichnung stellt eine Bombe für den derzeitigen Ermittlungsstand dar und widerlegt massiv die Aussagen, die Thomas Schmid bei den Einvernahmen geäußert hat, um Kronzeuge zu werden", betonte Suppan. "Heute" liegt das komplette Protokoll des brisanten Mitschnitts vor.
Doch aber nicht nur dem Ex-Kanzler, der ja nach eigenen Angaben mit seinem Rücktritt vollends aus der Politik ausgeschieden ist, sondern auch dem amtierenden Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka fliegen die Aussagen Schmids vor der Staatsanwaltschaft um die Ohren.
Schwere Anschuldigungen
So soll Sobotka bei Schmid interveniert haben. "Mag. Sobotka intervenierte bei mir – meiner Erinnerung nach in der Zeit als Spindelegger noch Minister war oder Schelling in der Anfangsphase – dahingehend, dass er mir mitteilte, dass es betreffend das Alois-Mock-Institut oder die Alois-Mock-Stiftung (das weiß ich nicht mehr genau) sowie die Erwin-Pröll-Stiftung Steuerprüfungen gäbe, und dass das nicht sein könne", zitiert wird in Medienberichten aus den Einvernahme-Protokollen zitiert.
Sobotka habe ihn angewiesen, das "zu erledigen", heißt. Das habe Schmid dann im Finanzministerium an Kabinettsmitarbeiter oder Sektionschefs weiterdelegiert, wird berichtet. Es ist dann "im Sinne von Mag. Sobotka erledigt worden", so Schmid. Die Aussagen sollen sich dabei auf den Zeitraum im Spätsommer 2014 beziehen. Hans Jörg Schelling wurde am 1. September 2014 als Finanzminister angelobt, nachdem sein Vorgänger Michael Spindelegger, der als Förderer Schmids gilt, zuvor zurückgetreten war.
Das sagt Sobotka
Der Nationalratspräsident rastete darob am Mittwoch auf Instagram aus und beschuldigte Schmid, ihn nur für die Aussicht von Strafmilderung anzuschwärzen: "Wenn jemand anscheinend seit Monaten krampfhaft versucht, den Kronzeugenstatus zu erlangen, dann ist ihm jedes Mittel recht, um mildernde Umstände bei der Strafbemessung zu erreichen. Mit dem Anschwärzen politischer Entscheidungsträger ist maximale mediale Aufmerksamkeit garantiert", donnert Sobotka.
Gleichzeitig stellt der VP-Grande klar: "Die Vorwürfe gegen mich sind vollkommen haltlos, und ich weise diese strikt zurück."
"Besonders ärgerlich" sei, dass Schmid auch den parlamentarischen U-Ausschuss dem Sobotka selbst vorsteht, "massiv desavouiert" – also öffentlich bloßgestellt – habe: "Wer Zeit findet, in Summe 15 Tage lang in Graz der WKStA Rede und Antwort zu stehen, der hätte sich wohl auch im Untersuchungsausschuss unter Wahrheitspflicht den Fragen der Abgeordneten stellen können und müssen. Dieses Bild ist selbstredend und zeigt deutlich, worum es in Wahrheit geht."
Er müsste von sich aus zurücktreten
Laut "profil"-Bericht soll nun in den nächsten Tagen eine Sondersitzung des Nationalrats einberufen werden. Dort konnte eine Ablöse Sobotkas zum Thema werden. FP-Chef Herbert Kickl forderte vehement einen Rücktritt Sobotkas, Handhabe hat der Blaue gegen ihn aber keines. Sobotka müsste aber aus eigener Initiative zurücktreten, denn der Nationalratspräsident kann nicht vom Parlament aus dem Amt entfernt werden.
Das ist die Causa Thomas Schmid
Thomas Schmid galt als einer der engsten Verbündeten von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Seit 2015 war er Generalsekretär im Finanzministerium, wo er bereits seit 2013 als Kabinettschef tätig war. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft dem Manager u.a. vor, dass er einen mit Steuergeld finanzierten illegalen Inserate- und Umfragendeal mit der Mediengruppe "Österreich" abgeschlossen habe. Durch fingierte und frisierte Umfragen soll der damalige Außenminister Sebastian Kurz in der Öffentlichkeit besonders gut und die damalige ÖVP-Spitze – Vizekanzler Reinhold Mitterlehner – besonders schlecht dargestellt worden sein. Als oberstes Ziel dürfte der politische Erfolg von Sebastian Kurz ausgegeben worden sein.
Im April 2019 wurde Schmid dann zum Alleinvorstand der neuen Staatsholding Öbag bestellt. Nur wenige Wochen später wurde dann das Ibiza-Video, welches das Polit-Aus für den damaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und das Ende der türkis-blauen Koalition bedeutete, veröffentlicht. Schmid löschte sein Handy – Ermittler fanden allerdings Monate später ein Backup.
2021 wurden dann die kompromittierenden Chats öffentlich. In letzter Konsequenz bedeuteten sie das Aus für Sebastian Kurz. Schmid gilt als Beschuldigter in der ÖVP-Korruptionsaffäre. Ihm selbst wird Untreue und Bestechlichkeit zur Last gelegt – es gilt wie für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung. Den anderen 45 Beschuldigten, es handelt sich um natürliche Personen und Verbände, werden zudem falsche Beweisaussage, Missbrauch der Amtsgewalt, Bestechlichkeit, Bestechung und die Verletzung der Amtsgeheimnisse vorgeworfen.